Psychosomatische Grundversorgung
Kinder und Jugendliche mit psychosomatischen Beschwerden stellen in der kinderärztlichen Praxis ein häufiges Phänomen dar, weil sie einerseits eine genaue medizinische Diagnostik erfordern, andererseits aber auch den Blick auf die psychische Dimension jeder Erkrankung öffnen sollten; und das erfordert Mut und kostet Zeit.
Aktuellen Ergebnissen der Studie zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) zeigen, dass fast 17 % aller Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten haben. Zu den häufigsten Beschwerdebildern zählen Fütter- und Gedeihstörungen, unstillbares Schreien, Essstörungen, funktionelle Bauch- und Kopfschmerzen, Einnässen und Einkoten, Ängste und depressive Störungen, Schulversagen, Zwangssymptome oder adoleszente Entwicklungskrisen, die häufig mit vermehrten körperbezogenen Ängsten einhergehen und nicht zuletzt eine erhöhte Infektanfälligkeit. Diesen Symptomen liegen oft auch seelische Ursachen zugrunde, die tief in der Lebensgeschichte und in Beziehungsmustern von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern verankert sind und hier ihre Erklärung finden können.
Ziel der Fortbildung in psychosomatischer Grundversorgung ist es, den Blick des Kinderarztes für seelische Ursachen an Krankheitsbildern zu schärfen. Die Fortbildung in Psychosomatischer Grundversorgung soll ihm helfen, die Sprache des Körpers seiner Patienten zu verstehen und ggfs. entschlüsseln zu lernen, um die Kinder letztlich einer adäquaten Behandlung zuzuführen.
Nach Abschluss der Fortbildung kann bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung die Abrechnungsgenehmigung für die Ziffern der Psychosomatischen Grundversorgung beantragt werden. Hierzu gehören nach EBM folgende Leistungen:
- 35100 Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände
- 35110 Verbale Interventionen bei psychosomatischen Krankheitszuständen
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Zielgruppe
Die curriculare Fortbildung richtet sich schwerpunktmäßig an Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, deren ganz spezielle Herausforderungen der täglichen Praxis in der ärztlichen Fortbildung für Psychosomatische Grundversorgung selten bzw. zu wenig berücksichtigt werden. Die Fortbildung erfolgt in geschlossenen Fortbildungsgruppen bis 18 Teilnehmer.
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Umfang und Beginn
Entsprechend den Empfehlungen der Bundesärztekammer wird die Fortbildung in Psychosomatischer Grundversorgung von der Akademie mit einem zeitlichen Umfang von insgesamt 80 Stunden angeboten, davon 20 Stunden Theorievermittlung, 30 Stunden verbale Interventionstechniken und 30 Stunden Balintgruppenarbeit. Das Curriculum gliedert sich entsprechend den gültigen Empfehlungen der Bundesärztekammer.
Die Fortbildung wird in zwei viertägigen Kursen absolviert, die im Rahmen der Weiterbildungswochen der Akademie angeboten werden. Die Fortbildung erfolgt praxisorientiert, wobei die Krankheitsbilder mit den entsprechenden Interventionstechniken altersspezifisch vermittelt werden.
Die Fortbildung beginnt jedes Jahr im Frühjahr in Benediktbeuern und wird im Sommer in Brixen abgeschlossen.
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Theorieinhalte
Es werden insbesondere entwicklungspsychologische Aspekte gelehrt sowie Zusammenhänge zwischen familiären und sozialen Belastungen und dem Auftreten körperlicher Symptome oder von Verhaltensauffälligkeiten (z. B. sozialer Rückzug, Aggressivität, Ängste, Lern- und Leistungsstörungen etc.).
1. Kurs
Der erste Kurs beschäftigt sich mit Problemen von Kindern zwischen 0 und 6 Jahren. Hierzu gehören Grundlagen der Entwicklungspsychologie, von Anamneseerhebung und psychosomatischer Krankheitslehre, von Bindungsstörungen und altersspezifische Störungsbildern wie Einnässen, Einkoten. Zudem werden Formen kindlicher Ängste, depressive Syndrome, funktionelle Beschwerdebilder wie rezidivierende Bauch- und Kopfschmerzen, die begleitende Elternarbeit und der Themenschwerpunkt Kinder psychisch kranker Eltern behandelt.
2. Kurs
In diesem Kurs werden Grundlagen der Entwicklungspsychologie von Schulkindern und Jugendlichen unterrichtet. Es werden Kenntnisse vermittelt zu psychischen Folgen chronischer somatischer Erkrankungen, zu Störungsbildern im Schulalter wie Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen und Störungen des Sozialverhaltens sowie Kenntnisse spezieller Störungen bei Jugendlichen wie Essstörungen, Suchtverhalten, Aggressivität und Delinquenz. Auch hier findet die Elternarbeit Berücksichtigung.
Balintgruppe
Die Balintgruppenarbeit findet fortbildungsbegleitend statt, d. h. auch außerhalb der jeweiligen Fort- und Weiterbildungswochen. Die Teilnehmenden bringen eigene Fälle aus der Praxis ein. Die Teilnahme an der Balintgruppe ist ein gesonderter Bestandteil der Psychosomatischen Grundversorgung und kann auch unabhängig von der Teilnahme am Curriculum der Ärztlichen Akademie wohnortnah absolviert werden.Die Balintgruppe der Akademie findet mit jeweils drei Doppelstunden im Anschluss an die theoretische Fortbildung statt. Die weiteren Stunden finden in München am Samstagvormittag statt. Die jeweiligen Termine werden mit den aktuellen Programmen bekannt gegeben.
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Aufnahmebedingungen, Anerkennung, Zertifizierung, Fortbildungspunkte
Nach der Anmeldung entscheidet der Vorstand über die Aufnahme in die Fortbildung anhand der Reihenfolge der Anmeldung und der verfügbaren Plätze. Nach Abschluss der Fortbildung wird die erfolgreiche Teilnahme seitens der Ärztlichen Akademie zertifiziert.
Durch die Teilnahme an der Weiterbildung können Fortbildungspunkte erworben werden.
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Lehrteam
Leitung
Dr. med. Sven Lienert
GesamtleitungDr. med. Manfred Endres
DozententeamDr. med. Oliver Bilke-Hentsch, Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, FMH, Zertifikat Forensische Kinder- und Jugendpsychiatrie (D), Psychotherapie
Dr. med. Michael-Andor Marton, Facharzt für Kinderheilkunde, Schwerpunkt Neuropädiatrie, Psychotherapie Kinder und Jugendliche
Dr. med. Imke Pohl, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, Psychotherapie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Dr. med. Sven Lienert, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin
Dr. Eva Rass, Analytische Kinder- und Jugendlichentherapeutin
Dr. med. Petra Sobanski, Kinderärztin, Psychotherapeutin, Oberärztin der Psychosomatischen Klinik München Harlaching
Dr. med. Matthias Wenck, Kinderarzt, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychoanalyse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
BalintgruppenleitungDr. med. Gabriele Fuhrmann
Dr.med. Matthias Wenck -
Kosten
Je Kurs: inkl. Balintgruppe 590 € (Nichtmitglieder) bzw. 540 € (Mitglieder)
Je Kurs: ohne Balintgruppe 470 € (Nichtmitglieder) bzw. 420 € (Mitglieder)
Ihre Ansprechpartnerin

Renate Flügel
Telefon: +49 (0) 89 820 53 03
Telefax: +49 (0) 89 88 20 89