Paar- und Familientherapie
Mit Kindern und Jugendlichen als unseren Patienten arbeiten wir in einem hochkomplexen Kontext: Kinder und Jugendliche in den verschiedensten Altersphasen und den entsprechenden entwicklungsspezifischen Krisen und deren zum Teil sehr präsenten, oftmals auch abwesenden und schwierigen, nicht selten sehr agierenden Eltern. Oder das ursprüngliche familiäre Umfeld ist hochtraumatisierend oder weggebrochen und die Kinder und Jugendlichen wachsen in Pflege- und Adoptivfamilien auf oder sind Heimkinder. Oftmals drängt seitens der Bezugspersonen ein immenser Druck von außen in die Therapie, häufig verbunden mit der Instrumentalisierung der Kinder für die eigene individuelle und familiäre Selbstregulation seitens der Eltern bzw. Bezugspersonen. All das verdichtet sich in komplexen Familiendynamiken, welche wir direkt in der Arbeit mit den Eltern oder in den Reinszenierungsdynamiken der bisherigen Beziehungserfahrungen unserer Patienten erleben.
Um hinsichtlich dieser vielfältigen Dynamiken qualifiziert mit Kindern und Jugendli-chen arbeiten und der Komplexität der familiendynamischen Hintergründe gerecht werden zu können bedarf es einer die individuelle Entwicklungsdynamik und Pathologie überschreitenden und sie kontextualisierenden familiendynamischen Perspektive individueller Entwicklungszusammenhänge, mithin einer elaborierten familiendynamischen Kompetenz.
Im deutschsprachigen Raum hat sich seit mehreren Jahrzehnten eine hoch differenzierte psychoanalytische, der Komplexität der Familiendynamik entsprechende Sicht des familiären Eingebundenseins individueller Problematiken unter zentraler Berücksichtigung systemtheoretischer und systemischer Aspekte entwickelt (vgl. Literatur). Diese, die familiendynamischen Aspekte der individuellen Entwicklungsdynamik berücksichtigenden Ansätze entsprechen dem, was in der Bezugspersonenarbeit hinsichtlich der psychoanalytisch begründeten Verfahren seitens der Richtlinientherapie angezielt ist: die Veränderung der innerfamiliären Konstellationen in der Herkunftsfamilie, einerseits über die Auseinandersetzung mit den offenen und implizit-unbewussten Rollenzuweisungen der Eltern gegenüber den Kindern und Jugendlichen und andererseits mittels der Reflexion maligner Wiederholungsdynamiken aus der Herkunftsfamilie der Bezugspersonen und deren Niederschlag in der aktuellen Familiendynamik.
-
Zielgruppe
Kolleginnen und Kollegen mit abgeschlossener oder fortgeschrittener Aus- oder Weiterbildung in psychodynamisch fundierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
-
Umfang und Beginn
Die Fortbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von drei Jahren und findet im Rahmen der Fort- und Weiterbildungswochen der Ärztlichen Akademie in Benedikt-beuern und Brixen statt. In vier Kursen von jeweils 16 Stunden, die donnerstags ganztätig sowie freitags und samstags am Nachmittag stattfinden, werden die Grundlagen der psychodynamisch fundierten Paar- und Familientherapie vermittelt. Im dritten Jahr werden in zwei Kursen theoretische Themen vertieft und Supervision der eigenen Fälle aus der Praxis angeboten.
-
Theorieinhalte
Die Fortbildung soll
• das Erkennen von die psychodynamischen Beziehungsstrukturen von Paaren und Familien ermöglichen
• die Indikationen und Kontraindikationen für paar- und familientherapeutische Interventionen vermitteln
• spezielle Behandlungstechniken im Paar- und Familiensetting vorstellen
• Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse in der Paar- und Familienarbeit miteinbeziehen
• aufzeigen, wie aus der aktuellen Situation der Leidensdruck für Veränderungen im Beziehungssystem nutzbar gemacht werden können
• die reflektive Funktion der therapeutischen Personen stärken
• themenbezogene Selbsterfahrungselemente einbeziehen
• themenbezogene Fallbesprechungen ermöglichenPsychodynamische und systemische Grundlagen der Paar- und Familientherapie:
1. Einführung in der psychodynamische FT
2. Das Erstgespräch
3. Indikationsstellung
4. Die Geburt der Familie
5. Entwicklungsdynamiken und -konflikte in der Familie
6. Zur 'Strukturellen Landschaft' der Familie und ihrer Diagnostik
7. Allgemeine Behandlungstechnik mit Familien und Paaren
8. Systemisches Arbeiten im Familiensetting
9. Spezielle Familiendynamik und Behandlungstechnik bei verschiedenen Störungsbildern (psychosomatische, neurotische, psychiatrische) und verschiedenen Kontexten (im Rahmen von KJPT, Pädiatrie u.a.)
10. Trennungs-, Scheidungs- und Adoptionsfamilien
11. Kreative Methoden
12. Beendigung bzw. Abbruch von Behandlungen
13. Interaktion zwischen Helfersystemen -
Aufnahmebedingungen, Anerkennung, Zertifizierung, Fortbildungspunkte
Nach Anmeldung entscheidet der Vorstand über die Aufnahme in die Fortbildung anhand der Reihenfolge der Anmeldung und der verfügbaren Plätze. Nach Abschluss von vier Grundlagenkursen und zwei Vertiefungskursen stellt die Ärztliche Akademie ein Zertifikat aus.
-
Lehrteam
Leitung
Prof. Dr. med. Miriam Haagen
GesamtleitungDr. med. Manfred Endres
DozententeamDipl.-Soz. Dagmar Lehmhaus, Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Dr. phil. Alfred Walter, Psychoanalytiker für Kinder und Jugendliche, Psychoanalytischer Paar- und Familientherapeut, Gruppenanalytiker und Gruppenlehranalytiker. Dozent und Supervisor
Christiane Hanfstaengl
-
Kosten
490 € (Nichtmitglieder) bzw. 420 € (Mitglieder)
Ihre Ansprechpartnerin
Renate Flügel
Telefon: +49 (0) 89 820 53 03
Telefax: +49 (0) 89 88 20 89